Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Aktion und Kunst im öffentlichen Raum.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Die Rote Hilfe e.V. fordert, gemeinsam mit vielen weiteren Gruppen und Organisationen aus ganz Europa, das Ende jeder diskriminierenden Behandlung von Dimitris Koufodinas. Seit 8. Januar 2021 befindet sich der in Griechenland einsitzende politische Langzeitgefangene im Hungerstreik. Dimitris wehrt sich gegen die willkürlichen und repressiven Schikanen, mit denen er sich seit seiner Inhaftierung und insbesondere in den vergangenen Monaten konfrontiert sieht. Insbesondere wurde im Dezember 2020 ein gezielt auf seinen Fall zugeschnittenes Gesetz erlassen, das verschiedene Hafterleichterungen streicht, und er wurde entgegen der griechischen Gesetzeslage in ein weit vom Wohnort seiner Familie entferntes Gefängnis verlegt.
Wegen der Mitgliedschaft in der militanten „Revolutionären Organisation 17. November“ war er im Jahr 2002 festgenommen und in der Folge zu 11-mal lebenslänglich plus weiteren 25 Jahren Haft verurteilt worden.
Ein neues Versammlungsgesetz soll in Nordrhein-Westfalen mehr Überwachungsbefugnisse der Polizei und Einschränkungen von Protest und Gegendemonstrationen schaffen. Auch in Berlin und in Sachsen-Anhalt soll das Versammlungsgesetz novelliert werden, wobei gerade letzteres ebenfalls massive Verschärfungen vorsieht. Indem sie die geplanten Vorhaben beschleunigt durchpeitschen wollen, nutzen die Landesregierungen die derzeitige Corona-Pandemie, um breite Proteste gegen dieses grundrechtsfeindliche Vorhaben zu verhindern.
Laut den Verfasser*innen sollen es die geplanten Änderungen in Nordrhein-Westfalen erleichtern, rechte Aufzüge zu reglementieren und zu verhindern. So könne auch von öffentlicher Seite rechten Gruppierungen wirksam entgegen getreten werden. Doch die angedachten behördlichen und polizeilichen Befugnisse und die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit werden sich selbstverständlich auf alle Versammlungen beziehen und werden wie schon bisher vor allem gegen linke Demonstrationen restriktiv eingesetzt werden, was einige explizit gegen linke Aktionsformen gerichtete Neuerungen nur allzu deutlich machen. Zudem öffnen zahlreiche Aspekte polizeilichen Willkürmaßnahmen im Umgang mit Versammlungen und Demonstrant*innen Tür und Tor.
Die Große Strafkammer 27 am Hamburger Landgericht hat heute entschieden, das im Dezember eröffnete Pilotverfahren im so genannten Rondenbarg-Komplex zu den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg 2017 abzubrechen. Der Vorsitzende Richter Halbach begründete den Abbruch mit der Entwicklung der Covid-19-Pandemie.
Erst am 3. Dezember 2020 hatte das Landgericht das erste größere Rondenbarg-Verfahren eröffnet. Vor Gericht stehen fünf Menschen aus Stuttgart, Mannheim, Halle und Bonn. Bei ihnen handelt es sich um die jüngsten Beschuldigten; insgesamt sollen in diesem Zusammenhang über 80 Personen angeklagt werden. Ihnen wird nach einer von der Polizei angegriffenen Versammlung u. a. gefährliche Körperverletzung, Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt*innen sowie die Bildung bewaffneter Gruppen und Landfriedensbruch vorgeworfen. Allerdings werden ihnen keine individuellen Straftaten zugeordnet, sondern pauschal alle Aktivitäten angelastet, die aus dem Protestzug heraus ausgeübt wurden.
Anlässlich der Bombardierung Magdeburgs zum Ende des Zweiten Weltkriegs marschierten zahlreiche Nazis – wie in jedem Jahr – ohne Einschränkungen der Polizei und Stadtverwaltung durch Magdeburg. Der Gegenprotest wurde bewusst kriminalisiert. Hundertschaften der Polizei schlugen Demonstrierende krankenhausreif und behinderten die Pressearbeit. Auch die antifaschistische Vorabend-Demo hatte mit zahlreicher Repression zu kämpfen.
Begonnen hat der antifaschistische Protest gegen das faschistische Gedenken an die Zerstörung Magdeburgs bereits am 15. Januar. Ein breites Bündnis antifaschistischer Gruppen rief unter dem Motto „Pappesatt“ zur Demo durch Magdeburg auf. Die Repressionsbehörden hatten kurz zuvor die Demo – unter dem Vorwand der Corona-Pandemie – verboten und nur eine stationäre Kundgebung zugelassen. Auch eine Eilklage, die das Bündnis vor dem Verwaltungsgericht erhob, wurde zurückgewiesen. Die Polizei tat derweil alles, um die Kundgebung und ihre Forderungen zu kriminalisieren.
Hundertschaften aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen sowie der Bundespolizei fuhren ein Großaufgebot auf. Über 50 Einsatzfahrzeuge begleiteten den friedlichen Protest und spiegelten ein martialisches Abbild staatlicher Gewalt wider. Spontane Spaziergänge der Antifaschist*innen wurden durch die Polizei – ganz im Gegensatz zu rechten Querdenker*innen-Aufmärschen – früh gestoppt.
Update: Das Verfahren wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Das Gericht begründet die Entscheidung mit dem aktuellen Pandemie-Geschehen.
Am 10.02.2021 ab 08.30 Uhr wird das Landgericht Heidelberg über ein Urteil befinden, das 2018 bundesweit Aufsehen erregte: Der Antifaschist Michael Csaszkóczy war zu 20 Tagessätzen verurteilt worden, weil er sich nicht freiwillig aus einer öffentlichen Veranstaltung der AfD in der Heidelberger Stadtbücherei entfernte, die zudem in deren Hilde-Domin-Saal stattfand.
Das Gericht hatte Michael damals zwar recht gegeben, dass die AfD ihn nicht einfach so aus ihrer öffentlichen Veranstaltung hatte ausschließen können, zumal von ihm tatsächlich keine Störung oder sonstige Gefahr ausging. Die Polizei habe ihn aber dennoch ausschließen können, denn er sei nach deren Einschätzung „Rädelsführer“ gewesen. Deshalb seien die üblichen gesetzlichen Regelungen weitgehend außer Kraft, und Michael hätte sich der sozusagen durch die Polizei überbrachten Aufforderung der AfD fügen müssen, statt sich aus dem öffentlichen Gebäude tragen zu lassen. Und daraus ergebe sich die Strafwürdigkeit – für, jedenfalls rechtslogisch, drei Wochen Gefängnis.
Das bundesweite Aufsehen infolge des Urteils resultierte nicht nur aus der Fragwürdigkeit dieser offensichtlich von recht blindem Verfolgungswillen getragenen Argumentation. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Richterin, die das Urteil verfasst hatte, Schwiegertochter von Albrecht Glaser ist, dem AfD-Bundestagsabgeordneten, der wegen seiner rabiaten antiislamischen Positionen 2017 bei der Wahl zum Bundestags-Vizepräsident durchgefallen war.
Liebe Genoss*innen,
die Geschäftsstelle ist nach dem verdienten Weihnachtsurlaub ab dem 11. Januar wieder wie gewohnt zu erreichen!
Beim heutigen Gerichtstermin wurde Isyan Konak aus Hamburg wieder auf freien Fuß gesetzt. Sie war am 03. Januar bei der Einreise am Sabiha Gökçen Flughafen in Istanbul festgenommen worden. Sie war gemeinsam mit ihrer Mutter in die Türkei gereist, um dort ihren Urlaub zu verbringen.
Der 25jährigen Krankenpflegerin wird aufgrund eines Postings auf der Plattform Facebook „Terrorpropaganda in sozialen Netzwerken“ vorgeworfen.
Konak wurde im Gegensatz zu zahlreichen anderen bekannten Fällen aus der BRD ohne Auflagen aus dem Gewahrsam entlassen.
„Direkt zu Beginn des neuen Jahres zeigt das AKP/MHP-Regime, dass es auch weiterhin die Meinungsfreiheit mit Füßen treten will. Wir freuen uns, dass Isyan Konak nach einem Tag wieder freigelassen wurde. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass rund 60 Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft wegen ähnlicher angeblicher ‚Vergehen‘ in der Türkei inhaftiert sind, viele andere befinden sich im Hausarrest und dürfen das Land nicht verlassen. Wir sind solidarisch mit dem Betroffenen und fordern ihre unverzügliche Freilassung sowie die Möglichkeit zur ungehinderten Rückkehr in die BRD.“, fordert Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
Seit genau sechs Monaten sitzt der Stuttgarter Antifaschist Jo in Untersuchungshaft, der am 2. Juli 2020 im Rahmen einer Hausdurchsuchungswelle in Baden-Württemberg festgenommen wurde. Er wird beschuldigt, an einer körperlichen Auseinandersetzung mit Nazis am 16. Mai 2020 beteiligt gewesen zu sein, bei der mehrere Faschisten verletzt wurden. Am 4. November wurde auch sein Genosse Dy mit demselben Vorwurf verhaftet; beide sitzen seither im Gefängnis Stuttgart-Stammheim.
Nach der Auseinandersetzung am Rand einer Demonstration der rechten Initiative „Querdenken 711“ am 16. Mai 2020, bei der mehrere Mitglieder der faschistischen Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ in der Nähe der Mercedes-Benz-Arena verletzt wurden, wurde eigens die polizeiliche Ermittlungsgruppe „Arena“ gegründet. Sie überzieht seither antifaschistische Strukturen und Aktivist*innen im Raum Stuttgart mit Repressalien. Dabei wurde der Standardvorwurf des Landfriedensbruchs durch die Konstruktion einer versuchten Tötung ergänzt, um eine Handhabe zur umfassenden Kriminalisierung der antifaschistischen Szene in Baden-Württemberg zu bekommen.
Einen ersten Höhepunkt fanden die Schikanen am 2. Juli 2020 bei einer Razzia in neun Wohnungen in verschiedenen Städten, bei der die Betroffenen zudem zur Abgabe ihrer DNA gezwungen wurden und einer der Beschuldigten, der Stuttgarter Aktivist Jo, in Untersuchungshaft genommen wurde. Die Hausdurchsuchungswelle stieß in der Öffentlichkeit auf teils scharfe Kritik, nicht zuletzt deshalb, weil einer der Betroffenen Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten ist und am 16. Mai 2020 nachweislich gar nicht in Stuttgart gewesen war; dennoch behielt die Polizei die dort beschlagnahmte Dienstunterlagen aus der Bundestagsarbeit ein.
Die Observationen und Vorladungen gingen weiter und mündeten am 4. November 2020 in die Verhaftung von Dy, einem weiteren Antifaschisten aus Stuttgart. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift verfasst, doch ist ein Prozessauftakt noch immer nicht terminiert.
„Wieder einmal zeigt sich die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg von ihrer repressivsten Seite, indem sie zwei junge Antifaschisten über viele Monate hinweg inhaftieren lässt. Menschen, die sich aktiv der erstarkenden Rechten entgegenstellen, werden mit überzogenen Vorwürfen kriminalisiert, observiert, mit Hausdurchsuchungen schikaniert und eingesperrt“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Indem an den beiden Stuttgartern ein Exempel statuiert wird, soll die gesamte antifaschistische Szene eingeschüchtert werden – ähnlich wie im Fall der Antifaschistin Lina aus Leipzig, die ebenfalls Anfang November verhaftet wurde. Wir als Rote Hilfe e. V. stehen solidarisch an der Seite der gefangenen Genoss*innen in Stuttgart und Leipzig. Wir fordern die umgehende Freilassung der inhaftierten Antifaschist*innen!“
„Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen.“ Mit diesen Worten erteilte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) der Münchner Staatsanwaltschaft und dem Staatsschutz heute Vormittag eine Klatsche. Mit dieser Entscheidung im Revisionsverfahren endet vorerst die seit über drei Jahren andauernde Verfolgung derjenigen, die aus Solidarität öffentlich die Fahnen der kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ (Yekîneyên Parastina Gel / Yekîneyên Parastina Jin) zeigen.
Antirepressionskampagne der Roten Hilfe e. V.
2018 startete die Rote Hilfe e. V. eine Antirepressions-Kampagne mit dem Titel „Solidarität Sichtbar machen„.
Die Initiative war nötig, da zahllose Aktivist*innen in ganz Bayern willkürlich kriminalisiert wurden, nachdem sie Fahnen der YPG und YPJ auf die Straße trugen oder Bilder davon in den sozialen Netzwerken teilten. Spezialeinheiten der bayerischen Polizei stürmten Demonstrationen, brachen Wohnungstüren auf, beschlagnahmten Computer und Handys und verschickten Anklageschriften wegen des Zeigens verbotener Symbole. Mit der Kampagne schuf die Rote Hilfe Öffentlichkeit für die Thematik und konnte zahlreiche Betroffene finanziell unterstützen.
Die Rodung im Dannenröder Wald wurde mit einem massiven und brutalen Polizeieinsatz durchgesetzt. Im Verlauf der fünfwöchigen Räumung sorgte der Polizeieinsatz für mehrere Schwerverletzte und gefährdete Menschenleben durch durchgeschnittene Sicherungsseile und Rodungen in direkter Nähe zu Menschen. Am 15. November durchschnitt ein Polizeibeamter ein Sicherungsseil, so dass eine Frau mehr als vier Meter in die Tiefe stürzte. Knapp eine Woche später trampelte eine Polizeieinheit so lange auf einem Seil herum, bis eine Aktivistin aus sechs Metern abstürzte. Die Polizei verursachte weitere Abstürze, die dank der Eigensicherung der Aktivist*innen und viel Glück keine Schwerverletzten und Toten forderten. In dem Einsatz verwendete die Polizei auch Taser, deren Einsatz schon auf dem Boden lebensgefährlich, in großen Höhen aber unverantwortlich ist.
Bei der Räumung agierte die Polizei mit äußerster Brutalität. Bei der Räumung einer Blockade am 20. November wurde ein Aktivist bewusstlos geschlagen und schwer verletzt. Immer wieder verhinderte die Polizei den Zugang von Sanitäter*innen zu den Verletzten und erschwerte regelmäßig die Berichterstattung der Presse und die politische und zivilgesellschaftliche Beobachtung. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) spricht von 33 Fällen von Einschränkungen in der Pressearbeit und vier körperlichen Angriffen und Schlägen gegen Journalist*innen. Eine kirchliche Beobachterin wurde bei einem Polizeieinsatz so schwer verletzt, dass sie sich ins Krankenhaus begeben musste. Bei Minustemperaturen wurde darüber hinaus mehrmals ein Wasserwerfer gegen Aktivist*innen und Umstehende eingesetzt.