Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Türkei/Kurdistan.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Weiterlesen...
Immer wieder kommt es in einzelnen Bundesländern oder Städten zu Anwerbeversuchen des Inlandsgeheimdiensts: die Mitarbeiter*innen des so genannten Verfassungsschutzes (VS) nötigen politische Aktivist*innen, mit ihnen zusammenzuarbeiten und Informationen über Strukturen, Bewegungen und Einzelpersonen zu liefern. Dabei bekommt der Geheimdienst bisweilen offene Unterstützung durch vollkommen andere Behörden – auf mehr als fragwürdiger Rechtsgrundlage, wie ein Fall aus Frankfurt zeigt, in dem das Ordnungsamt den Betroffenen zu einem Termin bestellte.
Im September 2022 erhielt ein Frankfurter Mitglied der "Kommunistischen Organisation" überraschenderweise einen Anruf des Ordnungsamts, das ihn zu einem Termin wegen einer nicht näher erläuterten „amtlichen Angelegenheit“ einlud. Als der linke Aktivist am vereinbarten Tag die Behörde betrat, wurde er in einen Seitenraum verwiesen, in dem ihn zwei Mitarbeiter des Inlandsgeheimdiensts aufforderten, als Informant für sie tätig zu werden. Der Betroffene wies das Ansinnen entschieden zurück und beendete das Gespräch umgehend.
Knapp 41 Jahre Haft, 28 davon in der isolierten Todeszelle - geht es immer so weiter?
Am 26. Oktober fand vor dem Prozessgericht in Philadelphia eine zweistündige Anhörung zu einem neuen Antrag Mumia Abu-Jamals auf ein neues Verfahren statt. Abu-Jamal war 1982 wegen der angeblichen Ermordung eines Polizeibeamten zum Tod verurteilt worden, aber sein Todesurteil wurde 2011 aufgehoben. Amnesty International widmete seinem Fall im Jahr 2000 einen eigenen Report, in dem das Verfahren gegen ihn scharf kritisiert wurde.
Leider bestätigte auch die heutige Anhörung die damalige Schlussfolgerung Ais, laut der „zahlreiche Aspekte dieses Falles eindeutig nicht den internationalen Mindeststandards zur Sicherung fairer Verfahren entsprechen". In seinem Antrag hatte Abu-Jamal geltend gemacht, dass ein Hauptbelastungszeuge offenbar von der Staatsanwaltschaft Geld versprochen bekam, dass eine weitere Hauptbelastungszeugin von der Staatsanwaltschaft Begünstigungen bekam, und dass der Ankläger während der Geschworenenauswahl Aufzeichnungen über die ethnische Zuordnung der potentiellen Juroren machte.
Die staatlichen Repressionsorgane gehen massiv gegen die antifaschistische Bewegung vor. Immer häufiger drohen Aktivist*innen mehrjährige Haftstrafen. In Sachsen stehen seit vielen Monaten neben Lina mehrere Antifas vor Gericht.
Die Rote Hilfe e. V. protestiert entschieden gegen anhaltende Angriffe und Kriminalisierungsversuche gegen Antifas. Wir sind solidarisch mit den Genoss*innen, die wegen ihres Engagements gegen Nazis vor Gericht gezerrt werden oder andere Repressionen erdulden müssen.
Wegen der umfangreichen Aussagen eines Kronzeugen im Antifa-Ost-Verfahrens drohen aufgrund der darauf aufbauenden Konstrukte der Repressionsbehörden für die kommenden Monate und Jahre noch weitere Repressionsschläge. Den Aktivist*innen, die dadurch ins Visier von Polizei und Justiz geraten, gilt ebenfalls unsere Solidarität.
Die Rote Hilfe e.V. fordert die sofortige Freilassung von Lina und die Einstellung des Verfahrens!
Unsere politische und finanzielle Solidarität gilt hingegen nicht Vergewaltigern und Personen, die andere Formen sexualisierter Gewalt ausüben. Das muss ein Grundsatz der linken Bewegung sein und ist für uns nicht verhandelbar. Wir stehen an der Seite von denjenigen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Wir begrüßen Diskussionen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt und sexistischem Verhalten auch in linken Strukturen. Diese Diskussionen sind die Grundlage dafür, sexistische Verhaltensweisen loszuwerden und einen Schutz von Betroffenen sowie den Schutz in linken Strukturen zu verbessern. Denn unser Ziel ist eine solidarische Gesellschaft, in der jede Form von Ausbeutung und Diskriminierung der Vergangenheit angehört und das Patriarchat überwunden wird.
In diesem Sinne wird die Rote Hilfe e.V. das Verfahren weiter beobachten und Solidarität organisieren.
Beweise sind nicht nötig, Gesinnung reicht: Wegen angeblicher Beteiligung an der „Stuttgarter Krawallnacht“ im 21. Juni 2020 verhängte das Amtsgericht Stuttgart zwei hohe Urteile gegen linke Aktivisten: Nachdem der erste Angeklagte am 24. Oktober 2022 zu drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden war, belief sich das Urteil gegen den zweiten Betroffenen am 26. Oktober 2022 auf drei Jahre und zwei Monaten Haft. Grundlage waren ein mehr als fragwürdiges anthropologisches Gutachten, das auf qualitativ extrem minderwertigen, teils offenbar illegalen Videoaufnahmen beruhte – und der unbedingte Verfolgungswille der Stuttgarter Justiz. Gegen beide Urteile werden Rechtsmittel eingelegt.
In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 entlud sich die Wut über die anhaltenden polizeilichen Schikanen und rassistischen Kontrollen, von denen besonders migrantisierte und sozial benachteiligte Jugendliche betroffen waren, in der Stuttgarter Innenstadt. Bereits unmittelbar nach den Auseinandersetzungen hatte der Landesinnenminister Thomas Strobl ein hartes Vorgehen angekündigt und faktisch die Justiz aufgefordert, abschreckende Exempel zu statuieren. Zahlreiche Beteiligte waren monatelang in Untersuchungshaft und wurden zu extrem hohen Bewährungs- oder Haftstrafen verurteilt, die teilweise so offensichtlich unrechtmäßig waren, dass sie in zweiter Instanz gekippt wurden. Bei der Suche nach Gründen für die spontane „Krawallnacht“ erhoben die Repressionsorgane bald die Behauptung, dass sich Linke beteiligt hätten – und ermittelten gezielt gegen bekannte Aktivist*innen, ohne konkrete Anhaltspunkte zu haben.
Liebe Genoss*innen, liebe Kolleg*innen, liebe Freund*innen,
als Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. freuen wir uns, heute hier mit einem Grußwort präsent sein zu dürfen. Und wir freuen uns, dass ihr seit so vielen Jahrzehnten kollektiv der staatlichen Repression trotzt und eure Rechte einfordert.
Doch zugleich sind wir wütend. Wütend, dass wir seit so vielen Jahren immer wieder aufs Neue hier stehen müssen, um gegen die Praxis der Berufsverbote zu protestieren. Dass wir immer wieder auf eine Mauer staatlicher Ignoranz stoßen, auf die Verweigerung von Entschuldigung oder gar Entschädigung.
Dass wir immer wieder aufs Neue die systematische Repression gegen politisch engagierte Berufsanfänger*innen und gegen linke Studierende thematisieren müssen: Eine staatliche Repression, die bewusst die Lebensplanung tausender junger Aktivist*innen zerstört hat, um an ihnen ein abschreckendes Exempel zu statuieren und die gesamte Bewegung einzuschüchtern.
Das Klima der Angst, das dadurch erzeugt wurde, hält bis heute an.
Und diese Angst besteht nicht völlig unbegründet: Auch wenn der Staat die klassischen Berufsverbote nicht mehr in Form und Ausmaß der 1970er-Jahre anwendet, so ist diese Maßnahme nicht komplett vom Tisch.
Die Repressionsmaschinerie gegen die Klimabewegung läuft auf Hochtouren: Seit inzwischen genau einem Monat sind drei Aktivist*innen der Blockade des Kohlekraftwerks in Jänschwalde in Haft, und gegen weitere Beteiligte wurden schikanöse Meldeauflagen verhängt. Zugleich laufen Prozesse wegen der Aktionen von Ende Gelände 2019, bei denen sogar Pressevertreter*innen und Abgeordnete kriminalisiert werden
Seit der Blockade des Braunkohlekraftwerks in Jänschwalde am 19. September 2022 sind Ava, Ralph und Carlo in Haft und befinden sich inzwischen in Luckau-Duben bzw. Cottbus-Dissenchen. Indem gegen die drei Klimaaktivist*innen eine zweimonatige Untersuchungshaft angeordnet wurde, wollen die Repressionsorgane ihren Willen brechen und sie zur Preisgabe ihrer Personalien zwingen. Zusätzlich werden die drei Gefangenen mit Schikanen überzogen: Schon unmittelbar nach der Festnahme sahen sich alle bei der Aktion Festgenommenen mit rechtswidrigen Maßnahmen konfrontiert – von der Verweigerung elementarer Rechte wie einem Anruf bei einer Vertrauensperson bis hin zu systematischem Schlafentzug. In den beiden brandenburgischen Justizvollzugsanstalten wird Ava, Carlo und Ralph veganes Essen verweigert, sodass ihnen Mangelernährung droht.
Am 1. Oktober wurden in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Gronau Stolpersteine für die drei Rote-Hilfe-Mitglieder Josefine Johanna Coche, Anna Coche und Frieda Emma Wicknig verlegt.
Alle drei Genossinnen waren Mitglied der KPD und im antifaschistischen Widerstand aktiv.
Nach der Machtübertragung an die NSDAP unterhielten sie enge Kontakte zur niederländischen Rode Hulp, der niederländischen Schwesterorganisation der RHD. Die drei nun geehrten Gronauerinnen brachten verfolgte Antifaschist*innen heimlich über die grüne Grenze zu den Aktivist*innen der Rode Hulp. Diese organisierte Lebensmittel, Kleidung und Übernachtungsplätze für die Emigrant*innen und unterstützte die Arbeit der illegalen RHD durch Spendensammlungen und Aufklärung über den NS-Terror.
Josefine Johanna Coche, Anna Coche und Frieda Emma Wicknig wurden 1936 von der Gestapo verhaftet und kurz darauf vor dem II. Strafsenat des OLG Hamm/Westfalen zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Hochverrats verurteilt.
Sie überlebten die Haft und wurden nach der Befreiung als politische Verfolgte anerkannt.
Şahin Aydın, Initiator der Stolperstein-Verlegung, zeichnete zu Beginn der Veranstaltung in Anwesenheit mehrerer Ratsmitglieder der Fraktionen DIE LINKE, SPD und GAL sowie Mitgliedern der VVN-BdA die Lebens- und Widerstandsgeschichte der drei Arbeiterinnen nach.
Unter der Mitwirkung des Historikers und Vorsitzenden des deutsch-kurdischen Freundschaftsvereins Münsterland wurden in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche weitere Stolpersteine verlegt.
Die Brandenburger Landesregierung hat beschlossen einen sogenannten „Verfassungstreue-Check“ einzuführen der verhindern soll, dass „Extremisten“ Beamte werden können. Der entsprechende Gesetzesvorschlag soll in Kürze vom Landtag verabschiedet werden. Der Gesetzentwurf sieht eine Regelabfrage an den brandenburgischen Verfassungsschutz vor, bevor unter anderem Lehrkräfte an Schulen eingestellt und verbeamtet werden. Dabei soll es schon ausreichen, wenn die betreffende Person eine Veranstaltung einer Gruppe oder Organisation besucht hat, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Gerechtfertigt wird dieser Eingriff in demokratische Grundrechte mit dem Kampf gegen den „Rechtsextremismus“. Erfahrungsgemäß werden es aber sehr schnell Linke sein, gegen die mit diesem Instrumentarium vorgegangen werden wird.
Gegen die Aktivist*innen, die am Montag, 19. September 2022 das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde blockierten, gehen die staatlichen Repressionsorgane mit extremer Härte vor. Ziel der brutalen und teils willkürlichen Maßnahmen auf mehr als fragwürdiger Rechtsgrundlage ist ganz offensichtlich, die Klimabewegung einzuschüchtern. Drei Blockierer*innen sind derzeit noch in Haft und sollen laut richterlicher Anordnung erst Mitte November freikommen; andere Aktivist*innen werden durch absurde Meldeauflagen dauerhaft in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigt.
Mit der zehnstündigen Blockade des umstrittenen Kraftwerks Jänschwalde protestierte die Initiative „Unfreiwillige Feuerwehr“ gegen die klimazerstörerische Braunkohleverstromung und ganz konkret gegen den Weiterbetrieb der Anlagen in Jänschwalde, die die regionale Trinkwasserversorgung gefährden. Bereits bei der Räumung wandte die Polizei rücksichtslos Gewalt an und ging bewusst hohe Risiken für die körperliche Unversehrtheit der Aktivist*innen ein. So wurden Förderbänder wieder in Gang gesetzt, obwohl Blockadeteilnehmer*innen im Abstand von nur wenigen Zentimetern angekettet waren, und in mindestens einem Fall setzten die Beamt*innen den Bohrhammer unmittelbar neben der Hand eines angeketteten Menschen an und nahmen damit eine hohe Verletzungsgefahr in Kauf.
Auch während des Gewahrsams wurden den 20 Kohlekraftgegner*innen elementare Rechte verweigert: Bis auf eine einzige Person konnten die Festgenommenen keinen Anruf tätigen, um anwaltlichen Beistand oder Menschen ihres Vertrauens zu benachrichtigen. Auf die Haftprüfungen am Dienstag konnten sie sich dadurch nicht angemessen juristisch vorbereiten.
Zudem berichten einige inzwischen Freigelassene über menschenverachtende Schikanen einschließlich Schlafentzugs, indem nachts das Licht angeschaltet blieb und die Gefangenen im Abstand von 15 Minuten geweckt wurden.
Liebe Genoss*innen,
seit Jahren ist die Klassenjustiz in Stuttgart außer Rand und Band und verfolgt mit manischer Besessenheit alle fortschrittlichen und revolutionären Bewegungen, vor allem aber aktive Antifaschist*innen. Menschen, die sich den immer stärker werdenden braunen Horden entgegenstellen, sehen sich brutaler Polizeigewalt, Festnahmen und Prozessen ausgesetzt. Und immer öfter verurteilen die Gerichte entschlossene Antifaschist*innen zu Haftstrafen, wie Jo und Dy.
Mit langen Knaststrafen will der Staat die betroffenen Genoss*innen brechen; er will die gesamte Bewegung einschüchtern und schwächen; er will uns als Einzelne treffen, indem er unsere Freund*innen und Genoss*innen aus unserer Mitte reißt und uns allein und mit dem Gefühl der Hilflosigkeit zurücklässt. Doch das wird ihm nicht gelingen!
Denn wir sind nicht allein und hilflos, sondern wir handeln kollektiv, entschlossen und wütend. Das zeigt die heutige Kundgebung: Ja, es macht uns traurig, heute unseren Genossen und Freund Jo durch dieses Tor gehen zu sehen, aber es macht uns auch wütend. Diese kollektive Wut wandeln wir in Widerstand: Jo, wir führen unseren gemeinsamen Kampf weiter, und du bist immer an unserer Seite, auch wenn uns die Knastmauern scheinbar trennen.
Und vor allem wandeln wir unsere Wut und Trauer in Solidarität. Sie ist unsere wahre Stärke. Unsere Solidarität schafft es, die Knastmauern zu durchbrechen, die Isolation aufzuheben, unsere Kämpfe drinnen und draußen zu verbinden und als Einheit zu begreifen.
Wir lassen uns nicht trennen von staatlicher Repression; wir stehen solidarisch zusammen.
Solidarität ist unsere Waffe!