In den letzten Tagen gab die Justizpressestelle am Oberlandesgericht München bekannt, dass der Prozess gegen den Hauptangeklagten Müslüm Elma und neun weitere Aktivist*innen um einen Tag verschoben wurde. Die Verhandlung wird trotz Pandemie weitergeführt, obwohl bekannt ist, dass mindestens Müslüm Elma einer Risiko-Gruppe angehört. Die zehn Angeklagten und ihre Anwält*innen müssen trotz der Gesundheitsgefahren an den Gerichtsterminen teilnehmen.
Müslüm Elma befindet sich mittlerweile seit 5 Jahren in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle gegen neun Mitangeklagte konnten nach und nach aufgrund von Protesten und nach vielen Prozesstagen außer Kraft gesetzt werden; seither müssen sie immer zu den Verhandlungsterminen anreisen.
Die Angeklagten wurden am 15. April 2015 bei Razzien in Deutschland, Griechenland, der Schweiz und Frankreich festgenommen. Am 17. Juni 2016 startete das Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht München. Gestützt auf die Paragraphen 129 a und b des deutschen Strafgesetzbuches wird ihnen Mitgliedschaft beziehungsweise Rädelsführerschaft in der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch (TKP/ML) zur Last gelegt. Noch grotesker wird dieses Paradebeispiel der Gesinnungsjustiz dadurch, dass die TKP/ML in der BRD nicht verboten ist.
„Es ist fast unglaublich, dass während einer Pandemie eine Hauptverhandlung mit 10 Angeklagten, 20 Verteidiger*innen, 10 Vertrauensdolmetscher*innen, Gerichtsdolmetscher*innen, Richtern, Protokollkräften und Wachtmeistern sowie der Generalbundesanwaltschaft, also über 50 Personen im Saal, durchgeführt wird. Mindestens die Hälfte der Personen reist aus dem ganzen Bundesgebiet verstreut an. Beschränkt wird lediglich die Anzahl der gestatteten Pressevertreter*innen und Prozessbeobachter*innen auf sechs beziehungsweise sieben Personen. Das spricht wohl für sich und ist ein weiterer Ausdruck eines unbedingten Verfolgungswillens gegen linke Aktivist*innen auf Kosten ihrer Gesundheit. Müslüm Elma muss spätestens jetzt unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen und das Verfahren für die nächste Zeit ausgesetzt werden. Die Rote Hilfe e.V. fordert die generelle Einstellung dieses politischen Prozesses auf Willen Ankaras.“ fordert Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.