Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Repression gegen migrantische Aktivist_innen.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Göttingen, 07.06.2015
Anlässlich des G7-Gipfels haben bayrisches Innenministerium und Polizei mit einem nicht anders als militärisch zu nennenden Aufgebot das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt. Hubschrauber mit Wärmebildkameras, Panzer, Wasserwerfer, Pferdestaffeln, über 24000 PolizistInnen und ein 16 km langer Sicherheitszaun haben die Region um Garmisch an diesem Wochenende in ein Heerlager bedrohlich auftretender Robocops verwandelt.
Eine Kutschfahrt für die Gattinnen der Regierungsvertreter wiegt in Deutschland im Zweifelsfall offensichtlich schwerer als das Recht der Protestierenden auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Nicht einmal der groteske Vorschlag, 50 handverlesene VorzeigedemonstrantInnen in Sichtweise der Regierungschefs aufzustellen, hatte vor dem Bayischen Verwaltungsgerichtshof Bestand.
Dass die Polizei sich am Sonntag für den „friedlichen Verlauf" der Demonstrationen bedankte, ist nur noch als zynisch zu betrachten, angesichts der Tatsache, dass sie tags zuvor eine ebenso friedliche Demonstration mit einer brutalen Knüppel- und Pfeffergasattacke angegriffen hatte, die über 60 Verletzte forderte. Die Begründung der Polizei (eine angebliche Flasche mit brennbarer Flüssigkeit) stellte sich im Nachhinein als glatte Lüge heraus. Auch solche Propagandamanöver gehören in Deutschland mittlerweile zum Alltag.
Garmisch-Partenkirchen, den 07.06.2015
Gegen die Proteste in Garmisch-Partenkirchen gehen die Repressionsorgane
mit einer erstaunlichen Kreativität vor. Neben klassischen
Knüppeleinsätzen und Pfeffersprayattacken im Rahmen der Demo greifen die
Polizei und Justiz tief in die Mottenkiste der
Kriminalisierungsmaßnahmen. Diese reichen von den Begründungen, mit
denen das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen ein faktisches Verbot des
Sternmarschs erzwingen will, bis hin zu an den Haaren herbeigezogenen
vermeintlichen Straftatbeständen.
Auch wenn es bislang nur zu nicht einmal zwei Dutzend meist vorläufigen
Gewahrsamnahmen kam, zeigen deren Anlässe ein breites Panorama
polizeilicher Fantasie auf.
Garmisch-Partenkirchen, den 06.06.2015
Am heutigen Samstag sollte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH)
über die Klage gegen das weitgehende Verbot des Sternmarsches
entscheiden. Auf mehrmalige Nachfragen der Rechtsanwält*innen, die das
Bündnis „Stop G7" in der Klage vertreten, erklärte das Gericht, mit
einem Urteil sei keinesfalls vor 19 Uhr zu rechnen. Offenbar wird das
Verfahren absichtlich verschleppt, so dass eine Verfassungsbeschwerde
gegen die weitgehende Abschaffung der Versammlungsfreiheit für den
morgigen Tag praktisch unmöglich werden würde.
Göttingen, 02.06.2015
Anlässlich der Proteste gegen den G7-Gipfel haben die Sicherheitsbehörden absurde Auflagen erlassen, die offensichtlich nicht einzuhalten sind.
So wurde eine Bergwiese, die ein Anwohner trotz aller staatlichen Einschüchterungsversuche und Drohungen den GipfelgegnerInnen als Protestcamp überlassen hatte, flugs zum 'hochwassergefährdeten Gebiet' erklärt. Eine Demo, die sich aus einem benachbarten Dorf in Richtung Schloss bewegen soll, wurde gar nur für 40 Meter genehmigt. Allein die Aufstellung des Demonstrationszuges dürfte so zu einem 'Verstoß gegen die Auflagen' werden.
Die Rote Hilfe e.V. erinnert daran, dass das Recht zu demonstrieren wann und wo man will, ein Grundrecht ist. Der Staat hat Demonstrationen nicht zu verbieten oder an ihm genehme Orte zu verlegen. Rechtlich gesehen darf er nur aufgrund massiver Sicherheitsbedenken und in engem Rahmen Einschränkungen des Demonstrationsrechts vornehmen. Dass solche Sicherheitsbedenken in einem Gebiet, das seit Wochen zum Hochsicherheitstrakt ausgebaut wurde und angesichts einer hochgerüsteten Polizeiarmee, in der auf jeden erwarteten Demonstranten zwei Polizisten kommen, nicht der wirkliche Grund für das Außerkraftsetzen der Grundrechte sind, ist offensichtlich.
Ein Staat, der Auflagen erlässt, gegen die DemonstrantInnen zwangsläufig verstoßen müssen, will die gewaltsame Auseinandersetzung und die Kriminalisierung jeden Protestes.
29. Mai 2015
Heute, am 29. Mai hat Gülaferit Ünsal ihren Hungerstreik nach 54 Tagen erfolgreich beendet. Die Knastleitung hat in einer Vereinbarung erklärt, dass sie sämtliche Forderungen erfüllen wird. Die Nachricht drang nach außen, während vor dem Knast ca. 60 solidarische Menschen demonstrierten und wurde mit Erleichterung und Freude aufgenommen.
Die Vereinbarung wurde von Gülaferit, ihrem Anwalt, der Knastleitung und Canan Bayram (MdA/Grüne) unterschrieben. Nach über Wochen andauernden Protestkundgebungen und Demos vor dem Knast und in verschiedenen Städten Deutschlands und Europas, musste sich eine Abgeordnete die Forderungen der Bewegung zu eigen machen, damit der Widerstand gegen offensichtliche Rechtsbrüche zu einem Erfolg führte. „Für mich als Anwältin ist es absurd, dass man mehr als 50 Tage in den Hungerstreik gehen muss, um seine Rechte zu bekommen", so Canan Bayram.
Göttingen, 28.05.2015
Gesundheitszustand von Gülaferit Ünsal nach 56 Tagen Hungerstreik lebensbedrohlich
Aktuell befinden sich sechs politische Gefangene in einem unbefristeten Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen.
Alle inhaftierten AktivistInnen wurden im Zusammenhang mit verschiedenen Verfahren wegen der Mitgliedschaft in der DHKP-C nach dem Gesinnungsparagraphen 129b verurteilt oder stehen derzeit in Stuttgart-Stammheim vor Gericht.
Dabei ist der Gesundheitszustand der in Berlin-Pankow inhaftierten und zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilten Gülaferit Ünsal lebensbedrohlich. Sie begann am 6. April mit dem unbefristeten Hungerstreik, da ihr der Zugang zu linken Medien verwehrt wird und sie sich starkem Mobbing von Mitgefangenen und Anstaltspersonal bis hin zu körperlichen Bedrohungen ausgesetzt sieht.
Nach letzten Informationen verweigert die Aktivistin nach 56 Tagen Hungerstreik auch jegliche Einnahme von Flüssigkeit nach einer Auseinandersetzung mit einem Gefängniswärter.
Wir dokumentieren einen Aufruf der Internationalen Plattform gegen Isolation
Hungerstreik am 51. Tag (26. Mai)
Gülaferit kämpft mittlerweile unter dem Einsatz ihres Lebens
Die Gefangene Gülaferit Ünsal setzt sich für das Recht auf freie Kommunikation und nicht gemobbt zu werden und nicht mit Gewalt im Knast überzogen zu werden ein. Sie wehrt sich gegen den Gesinnungsparagraphen 129b. Gülaferit befindet sich seit dem 06. April im Hungerstreik.
Der Wernicke Korsakoff-kranke Özkan Güzel in der JVA Essen seit dem 08. Mai im Hungerstreik, weil ihm gegen seinen Willen Anstaltskleidung aufgezwungen und seine eigene Kleidung entwendet wurde.
Özkan Güzel ist in einem sehr lebensbedrohlichen Zustand. Denn er ist ohnehin Wernicke-Korsakoff krank, also unheilbare Krankheit nach einer Zwangsernährung während des Hungerstreiks in der Türkei. Zudem ist eine Ader im Gehirn verstopft. Als ob das alles nicht schlimm genug wäre, wurde ihm auch Zucker, Salz usw. weggenommen.
Er führt den Hungerstreik also nur mit Wasser durch, was bleibende Schäden und sogar den Tod beschleunigen könnte.
Unterstützt die Gefangenen in ihrem Widerstand!
Die Anstaltsleitungen in beiden Gefängnissen wären sicher unter starkem Druck gesetzt, wenn wir sie mit Protestmails, Briefen, Faxen überschütten.
Gülaferit Ünsal
JVA für Frauen
Arkonastr. 56
13189 Berlin
Fax: +49 30 90 253 - 697
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Özkan Güzel
JVA Essen
Krawahl Str. 59
45130 Essen
Telefon:
0201 7246-0
Fax:
0201 7246-415
E-mail:
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Internationale Plattform gegen Isolation
Wir dokumentieren einen Aufruf von Angela Davis im Rahmen der Free Mumia Now Kampagne und schließen uns diesem ausdrücklich an:
The "One million roses" campaign emanating from the GDR was one of the keys that opened my prison cell in 1972.
It started in Germany over 40 years ago, when hundreds of thousands of people sent postcards with roses to me to express their solidarity and demand my freedom while I was incarcerated in California's San Rafael prison, facing a possible death sentence.
My two years in prison were tough enough on me – now try to imagine someone living there for more than 33 years! "A bright shining hell," is how Mumia Abu-Jamal used to refer to the tiny concrete bathroom he had to stay in for 22 hours every single day for nearly 29 years, while he was on death row.
At the end of 2011 his death sentence was definitely found unconstitutional – which even in strictly legalistic terms means he should never have been in this dark place to begin with.
That alone should be enough for the Governor of Pennsylvania to pardon him.
Am Donnerstag, den 21. Mai 2015 um 14.30 Uhr wurde in München das Rote
Hilfe Mitglied und der aktive Gewerkschafter M. von einem Mitarbeiter des
bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz angesprochen.
Er wolle sich über den G7-Gipfel unterhalten, so begann der
Geheimdienstler seine Ansprache. Auch M. könne ja Fragen stellen. Erst
nach mehrmaliger Ablehnung und der Ansage, dass der angesprochene Genosse
prinzipiell nicht mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeite, ließ der Mitarbeiter des LfV von ihm ab.
Der Ort der Ansprache zwischen Einkaufszentrum und der Wohnung von M.
lässt darauf schließen, dass der Geheimdienst M. schon länger unter
Beobachtung hatte.