Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Repression gegen migrantische Aktivist_innen.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Weiterlesen...
In Solidarität mit dem politischen Gefangenen Dimítris Koufontínas, der ab dem 8. Januar 2021 aus Protest gegen die schikanösen Repressionsmaßnahmen des griechischen Regierung 66 Tage lang im Hungerstreik war, gingen in den vergangenen Wochen Tausende Unterstützer*innen auf die Straße. Der Staat reagierte mit brutaler Härte und verhaftete hunderte Demonstrant*innen, die nun mit unterschiedlichsten Vorwürfen konfrontiert sind. Dazu zählen Behinderung von Behörden- und Amtshandlungen, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, vor allem aber Verstoß gegen die rigiden Corona-Maßnahmen, die auch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit beschneiden und nun von den Behörden gezielt benutzt werden, um missliebige Meinungen und linke und anarchistische Bewegungen zu unterdrücken. Allein bei zwei großen Protestzügen in Athen wurden nahezu 190 Menschen verhaftet, und auch in anderen Großstädten wie Thessaloníki wurden Dutzende festgenommen.
Noch im Frühjahr werden die Gerichtsverhandlungen gegen mindestens 70 Solidaritätsaktivist*innen beginnen, die in vier Großprozessen angeklagt werden. Sie haben am 18. Februar eine gewaltfreie Intervention im Gesundheitsministerium veranstaltet. Im Vergleich zu anderen Aktionen, bei denen in nur fünf bis zehn Minuten Flugblätter verteilt und kurz Sprüche gerufen werden, haben sich die Genoss*innen für eine Stunde im Gebäude verteilt aufgehalten, wo sie gegen die Behandlung von Dimítris Koufontínas und gleichzeitig gegen die katastrophale Pandemieverwaltung protestierten. Im Anschluss wurden sie von einem großen Polizeiaufgebot in Gewahrsam genommen und zur zentralen Polizeidirektion Athens transportiert, wo sie ohne die geringste Einhaltung der Hygienevorschriften auf engstem Raum zusammengesperrt wurden.
Um die Betroffenen mit den Repressionsfolgen nicht allein zu lassen, haben sich nun Solidaritätsnetzwerke in Griechenland gebildet, die die Angeklagten unterstützen und politisch begleiten. Doch für die bevorstehenden Prozesse entstehen enorme Summen durch Anwält*innen- und Gerichtskosten, die kollektiv geschultert werden müssen. Zu diesem Zweck rufen die griechischen Solidaritätsaktivist*innen zu Spenden auf:
Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Heidelberg
IBAN: DE32 4306 0967 6003 2928 00
Kreditinstitut: GLS-Bank
Verwendungszweck: Griechenland
Liebe Genoss*innen,
Liebe Aktivist*innen,
ab heute ist unsere diesjährige Sonderzeitung zum 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, hier im Netz lesbar. Natürlich gibt es sie auch auf den zahlreichen Kundgebungen und Demonstrationen, die heute bundesweit stattfinden.
Schwerpunkt der Ausgabe 2021 ist "Gefangenschaft in Corona-Zeiten". In vielen Ländern befinden sich Gefangene zusätzlich zur alltäglichen Gewalt und Isolation in akuter Gefahr wegen fehlender Gesundheitsversorgung und Hygienebestimmungen.
Hier gehts zur Sonderzeitung: https://rote-hilfe.de/images/kampagnen/18_Maerz_2021/18-3-2021_Zeitung_web.pdf
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,
die dringend notwendige praktische Solidarität mit den politischen Gefangenen ist so alt wie die Geschichte der sozialen Kämpfe. Auch die Rote Hilfe kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: In wenigen Tagen jährt sich die Entstehung der Solidaritätsgruppen unter dem Namen „Rote Hilfe“ zum 100. Mal, denn im April 1921 wurden überall Rote-Hilfe-Komitees gegründet.
Anfang 1923 dann erklärte die Dachorganisation „Internationale Rote Hilfe“ den 18. März zum Internationalen Tag der politischen Gefangenen.
Das Datum war nicht zufällig gewählt: An diesem Tag wurde von sozialistischen Organisationen weltweit an die Pariser Kommune erinnert, die am 18. März 1871 – vor genau 150 Jahren – ausgerufen worden war und einen zentralen Bezugspunkt der Arbeiter*innenbewegung darstellte.
Aber auch weil die Reaktion die Kommune blutig zerschlug, 20.000 Unterstützer*innen brutal ermordete und rund 13.000 zu hohen Haftstrafen verurteilte, wurde die Pariser Kommune zugleich zum Sinnbild staatlicher Repression. Deshalb boten sich Hinweise auf aktuelle Verfolgungen und größere Solidaritätsaktionen an.
Im März 1933 wurde die Rote Hilfe von den Nazis verboten, die Mitglieder verfolgt und die Tradition des 18. März blutig zerschlagen. Trotzdem führten viele Rote Helfer*innen die Solidaritätsarbeit auch in der Illegalität fort.
Der 18. März als Tag der politischen Gefangenen geriet lange in Vergessenheit. Erst im Jahr 1996, also vor genau 25 Jahren, riefen die Initiative Libertad! und die Rote Hilfe e. V. erstmals wieder dazu auf, an diesem Datum für die Freiheit der Genoss*innen hinter Gittern auf die Straße zu gehen. Seither organisieren Ortsgruppen der Roten Hilfe e. V. und andere Antirepressionsgruppen jedes Jahr unzählige Kundgebungen, Vorträge und Soliabende, und es werden immer mehr.
Wie in jedem Jahr finden auch 2021 rund um den 18. März, den Tag der politischen Gefangenen, bundesweit unterschiedliche Aktivitäten statt.
Die jährliche 18.3.-Sonderzeitung der Roten Hilfe e. V. informiert über die Situation der politischen Gefangenen in der BRD und international unter Corona-Bedingungen und lässt verschiedene Solidaritätsgruppen rund um den Globus zu Wort kommen.
Sie wird in den nächsten Tagen hier auf unserer Webseite veröffentlicht. Als Print-Version bekommt ihr sie als Beilage in der Jungen Welt, Unsere Zeit, Analyse & Kritik, dem Neuen Deutschland und der Jungle World.
Außerdem wird sie auf den zahlreichen (Online)Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen verteilt, die von Ortsgruppen der Roten Hilfe e. V. und anderen Antirepressionsgruppen organisiert werden.
Im Folgenden ein (unvollständiger) Terminüberblick:
Rund um den 18. März bieten wir erstmalig auch Online-Veranstaltungen an.
Ihr könnt euch unter dem folgenden Link einfach dazu schalten:
https://rote-hilfe.collocall.de/b/adm-hmc-txe-bd
Liebe Genossinnen und Freundinnen, liebe Mitstreiterinnen,
es ist selten, dass wir als Rote Hilfe e. V. uns bei einer Kundgebung zu Wort melden, die scheinbar nichts mit dem Themenfeld Antirepressionsarbeit zu tun hat. Tatsächlich waren feministische Kämpfe jedoch von Anfang an staatlichen Repressionsmaßnahmen ausgesetzt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sahen sich Frauendemonstrationen, die für elementare Grundrechte wie das Wahlrecht eintraten, und Streiks von Textilarbeiterinnen, die bessere Arbeitsbedingungen und Löhne auch für Frauen einforderten, brutaler Polizeigewalt und Verhaftungen gegenüber.
Wie ein roter Faden durch die feministische Geschichte zieht sich die Kriminalisierung von Kampagnen gegen den §218, für das Recht von Frauen, selbst über ihren Körper zu verfügen: in den 1970er Jahren wurden Aktivistinnen des Frankfurter Frauenzentrums, die Ärzt*innen in den Niederlanden empfahlen und kollektive Fahrten dorthin organisierten, sogar zu einer „kriminellen Vereinigung“ nach §129 erklärt.
Den Kampf gegen den §219, der die Aufklärung über die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs strafrechtlich verfolgt, rückte in den letzten Jahren vor allem durch die engagierte Gynäkologin Kristina Hänel wieder in den Fokus, die ein Informationsrecht auch für schwangere Frauen einfordert.
Am 3. März 2021 wurde bekannt, dass der seit 1981 in den USA inhaftierte Journalist und ehemalige Black-Panther-Aktivist Mumia Abu-Jamal definitiv an Covid-19 erkrankt ist. Schon seit Wochen ist in seinem Flügel in SCI Mahanoy etwa die Hälfte der Gefangenen mit Corona infiziert, doch die Reaktion der Gefängnisleitung bestand lediglich in noch eingeschränkteren Bewegungsmöglichkeiten für die Gefangenen, Besuchsverbot und neuen Restriktionen beim Postverkehr.
Zusätzlich erhielten die Gefangenen ein paar wenige Atemschutzmasken, erst zu spät und zu wenig kamen Tests zum Einsatz, und eine angemessene ärztliche Behandlung ist schlichtweg unmöglich. Mumia selbst hat bereits seit dem 26. Februar 2021 starke Atemnot, Druck im Lungenbereich und fühlt sich sehr schwach. Der 66-Jährige leidet als politischer Langzeitgefangener unter schweren Vorerkrankungen, was seine Situation lebensbedrohlich macht.
Unter anderem überlebte er 2016/17 nur knapp eine Hepatitis-C Erkrankung und hat seitdem eine Leberzirrhose sowie weitere gesundheitliche Probleme. Umso dringlicher ist jetzt die bereits letzte Woche erhobene Forderung, Mumia Abu-Jamal sofort freizulassen und in ein Zivilkrankenhaus zu verlegen.
Dieselbe Forderung muss für alle an Covid-19 erkrankten Gefangenen und alle Langzeitgefangenen in Pennsylvania und im Rest der USA erhoben werden.
Spendenaufruf des EA Hamburg
Der junge russische Anarchist, der im Juli 2017 im Rahmen der NoG20-Proteste für über vier Monate mehrere Monate in Untersuchungshaft saß, konnte nach fast einem Jahr unfreiwilligem Aufenthalt endlich zurück nach Hause. Als ihm dort weitere Verfolgungen drohten, sah er sich Anfang 2021 gezwungen, Russland zu verlassen und in einem EU-Staat Asyl zu beantragen.
Allerdings hatte die Hamburger Ausländerbehörde ihn schon Ende 2017 aus der BRD ausgewiesen und eine fünfjährige Einreisesperre für den gesamten Schengenraum gegen ihn erwirkt, obwohl das Gerichtsverfahren gegen ihn zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abgeschlossen war und es letztlich zu keiner rechtskräftigen Verurteilung gekommen ist. Mithilfe seiner Anwältin konnte diese Sperre zwar mittlerweile gerichtlich aufgehoben werden, wurde aber aus den SIS II-Datenbanken nicht gelöscht, was nun zu großen Problemen führte.
Am 16. Januar 2021 flog der Aktivist ohne Visum in eine Großstadt der EU und bat nach Ankunft in der Transitzone des Flughafens um Asyl, woraufhin er im Flughafen inhaftiert wurde. Nach mehreren Tagen teilte man ihm mit, er sei eine Bedrohung für die Sicherheit und Ordnung des Landes und er dürfe weder „einreisen“ noch im Flughafenverfahren einen Asylantrag stellen.
Seine Anwältin erhob sofort Klage und erwirkte, dass er am 26. Januar freikam und und einen Asylantrag stellen konnte.
Um die Kosten für die Anwältin, Übersetzungen etc. zu decken, werden noch mindestens 1500,- Euro benötigt. Der EA Hamburg ruft zu Spenden mit dem Betreff „G20 Asyl“ auf.
Spenden-Konto:
IBAN: DE26200505501250133624
BIC: HASPDEHHXXX
Stichwort: „Anderkonto EA G20 – G20 Asyl“
Kontoinhaberin: Ehrhardt, Ursula
Eine Reihe von Prozessen, die ihren Ausgang bei einer Veranstaltung der AfD in der Stadtbücherei Heidelberg im Mai 2017 genommen hatte, ist durch Einstellungsbeschluss des Landgerichts Heidelberg beendet worden. Zuvor hatte 2018 das Amtsgericht den Antifaschisten Michael Csaszkóczy zu 20 Tagessätzen verurteilt, weil er bei besagter Veranstaltung sich nicht auf Zuruf der AfD aus dem Foyer des Saales entfernt hatte. Die Stadt hatte den Veranstaltungsraum – benannt nach der den Nazis knapp entkommenen Heidelberger Schriftstellerin Hilde Domin – ausgerechnet der AfD für eine Wahlkampfveranstaltung vermietet.
Dem Urteil folgten weitere Strafbefehle: So soll Michael einen Polizisten am Rande eines Straßenfestes als „Würstchen“ bezeichnet haben, und als er den diesbezüglichen Strafbefehl, dem eine gewisse humoristische Qualität sicher nicht abzusprechen war, im Internet ausstellte, flatterte ein weiterer Strafbefehl ins Haus: §353d StGB „Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“ – auch routinierte Rechtshelfer*innen aus der Roten Hilfe mussten zunächst nachlesen, dass die dritte Alternative des Paragraphen wirklich so gelesen werden kann, dass auch skandalöse Strafbefehle nicht im Wortlaut in der Öffentlichkeit zitiert werden dürfen, solange es keine Verhandlung gab. Unterschrieben hat die Urteile bzw. Strafbefehle die Richterin Julia Glaser, Schwiegertochter von Albrecht Glaser, dem AfD-Bundestagsabgeordneten, der wegen seiner rabiaten antiislamischen Positionen 2017 als Bundestags-Vizepräsident durchgefallen war. Ihre Beteuerung, trotz der persönlichen Verflechtungen unbefangen zu urteilen, erschien spätestens mit der Begründung im Prozess von 2018 zweifelhaft: Michael hätte demnach zwar nicht einfach so die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen verweigert werden dürfen, aber sein Ausschluss sei dennoch gerechtfertigt, weil die Polizei ihn als „Rädelsführer“ ansehe, der in diesem Fall sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verwirkt habe.