Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Türkei/Kurdistan.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Weiterlesen...
Am 22. Januar marschierten einige wenige Nazis über Stunden durch das Stadtgebiet Magdeburg – geduldet und hofiert von Polizei und Stadtverwaltung. Eine antifaschistische Vorabend-Demo sowie der Gegenprotest hunderter Antifaschist*innen wurde hingegen durch die Polizei bewusst kriminalisiert. Hundertschaften der Polizei behinderten Pressevertreter:innen und Gegendemonstrant:innen, sorgten für gebrochene Nasen und Repression gegen Antifaschist:innen, während den Nazis der Weg für ihren geschichtsrevisionistischen Marsch mit aller Gewalt freigemacht wurde.
Begonnen hat der Protest gegen den Aufmarsch der Nazis bereits am 21. Januar mit der traditionellen Vorabend-Demo. Ein breites Bündnis antifaschistischer Gruppen rief zur Demo durch Magdeburg auf. Die Repressionsbehörden versuchten mit Hundertschaften der Bundespolizei sowie der Polizei Berlin und Sachsen-Anhalt die Demonstrierenden zu stören und provozierten zum Beispiel mit sexistischen Beleidigungen.
Der Protest der Antifaschist:innen endete am Magdeburger Opernhaus. Während in den Abendstunden die Demonstrierenden in Kleingruppen den Weg nach Hause suchten, griff die Polizei Einzelne heraus. Ein Aktivist wurde ohne Ankündigung umgerissen und mit dem Gesicht über den Boden geschleift. Insgesamt wurden drei Personen aus der Vorabend-Demo herausgegriffen, um sie festzusetzen. Bereits hierbei gab es mehrere Verletzte, welche anschließend medizinisch versorgt werden mussten.
Am 28. Januar 2022 jährt sich zum 50. Mal die Verabschiedung des Radikalenerlasses. Unter Vorsitz des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Willy Brandt verabschiedeten die Ministerpräsidenten der Länder (unter ihnen der mörderische NS-Richter Hans Filbinger) einen Beschluss, der die Behörden anwies, den Öffentlichen Dienst von so genannten Verfassungsfeinden zu säubern. Betroffen waren Postbot*innen, Lokführer*innen, Verwaltungsbeamt*innen und viele andere. Millionen geheimdienstlicher Überprüfungen, Zehntausende von Verhören und weit über 1500 vollstreckte Berufsverbote waren die Folge.
Das Material lieferte der von Altnazis aufgebaute Inlandsgeheimdienst mit dem irreführenden Namen „Verfassungsschutz“ (VS). Um die so genannten Regelanfragen zu allen Anwärter*innen zu bewältigen, wurde der VS zu einem gigantischen und nahezu unkontrollierbaren Apparat aufgebläht. Als gesetzliche Grundlage griffen die Regierenden auf die „Gewährbieteklausel“ des deutschen Beamtenrechts zurück, die aus dem nationalsozialistischen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom Mai 1933 stammt. Ihr zufolge muss den Staatsbediensteten keine ablehnende Haltung gegenüber der Verfassung nachgewiesen werden, sondern es liegt umgekehrt an ihnen, die Zweifel des Dienstherren auszuräumen – ein praktisch unmögliches Unterfangen, das die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung außer Kraft setzt.
Es folgte eine mehr als zehn Jahre andauernde Hexenjagd auf radikale Linke, die bis hinein ins linksliberale und sozialdemokratische Lager Opfer forderte. Rechte waren trotz der offiziellen „antiextremistischen“ Begründung des Radikalenerlasses faktisch nie betroffen. Die politische Kultur der BRD wurde durch das so geschaffene Klima von Einschüchterung und Duckmäusertum nachhaltig geprägt, auch wenn die einschlägigen juristischen Bestimmungen nach 1984 nur vereinzelt angewendet wurden.
Prominente Fälle in den letzten Jahren waren der Realschullehrer Michael Csaszkóczy im Jahr 2004 und der Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger im Jahr 2016. Beiden wurde unter anderem ihr Engagement für die Rote Hilfe e. V. vorgeworfen. In beiden Fällen konnte das Berufsverbot schließlich durch eine breite Solidaritätskampagne abgewendet werden, im Fall Csaszkóczys allerdings erst nach jahrelangen Prozessen. Die ungezählten Betroffenen der 1970er- und 1980er-Jahre fordern bis heute vergeblich Rehabilitierung und Entschädigung. Stattdessen hat die neue Bundesregierung ausgerechnet zum 50. Jahrestag des Radikalenerlasses angekündigt, wieder verstärkt auf die unheilvolle „Gewährbieteklausel“ zurückgreifen zu wollen, um „Verfassungsfeinde schneller aus dem Öffentlichen Dienst zu entfernen“.
Begründet wird dies wieder einmal mit der Gefahr eines „Extremismus von links und rechts“. Dass ausgerechnet der mit der rechten Szene eng verbundene Inlandsgeheimdienst erneut mit der Beurteilung der vermuteten „Verfassungstreue“ beauftragt wird, lässt schon jetzt erkennen, gegen wen sich die Jagd auf „Verfassungsfeinde“ erneut richten wird.
Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.: „Die Rote Hilfe e. V. erteilt zum 50. Jahrestages des Radikalenerlasses erneut allen Bestrebungen, das antidemokratische Repressionsinstrument der Berufsverbote wiederzubeleben, eine klare Absage. Wir fordern die längst überfällige Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen.Der so genannte Verfassungsschutz muss endlich entmachtet und aufgelöst werden.“
„Gegen politische Zensur und die Einschränkung von Publikationsfreiheit und kultureller Vielfalt“ – Im Vorfeld des Prozesses für die Aufhebung des Verbots der Verlagshäuser Mezopotamien und MIR bekunden über hundert Kulturschaffende ihre Solidarität.
Anlässlich des Prozesstermins zur Verhandlung der Klage für die Aufhebung des Verbots der kurdischen Verlagshäuser Mezopotamien und MIR haben mehr als hundert Einzelpersonen, Buchhandlungen, Verlage und andere kulturelle Einrichtungen eine Solidaritätserklärung abgegeben. Der Appell trägt den Titel „Gegen politische Zensur und die Einschränkung von Publikationsfreiheit und kultureller Vielfalt – für die Aufhebung des Verbots des Mezopotamien Verlags und des Musikvertriebs MIR Multimedia“. Darin heißt es:
Am 26. Januar wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klage des Mezopotamien-Verlags und des Musikvertriebs MIR Multimedia gegen ihr Verbot verhandelt. Beide in Neuss ansässigen Medienhäuser wurden 2019 vom Bundesinnenminister nach dem Vereinsgesetz verboten, da sie Teilorganisationen der in Deutschland verbotenen PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) seien und „der Geschäftsbetrieb beider Vereinigungen allein der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der PKK“ diene. „Mit ihrem wirtschaftlichen Ertrag“ seien die Aktionsmöglichkeiten der PKK „in Deutschland und Europa nachhaltig gestärkt“ worden, hieß es in der Begründung des Innenministeriums. So wie viele andere Medienhäuser in Deutschland, haben jedoch auch diese beiden nachgewiesenermaßen defizitär gewirtschaftet.
Am Montag beginnt die Berufungsverhandlung gegen Ella vor dem Landgericht Gießen. Die von der Justiz als unbekannte weibliche Person 1 geführte Klimaaktivistin wurde in erster Instanz vom Amtsgericht Alsfeld wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Polizeikräfte zu 27 Monaten Haft verurteilt. Ella soll sich im November 2020 in 15 Meter Höhe auf einem Baum im Dannenröder Wald gegen ihre Festnahme gewehrt haben. Im Herbst 2020 ging die Polizei mit einem Großaufgebot über Wochen gegen Aktivist*innen vor, die in den Baumwipfeln Baumhäuser errichteten, um die Rodung des Waldstücks für eine Autobahn zu verhindern.
Am 26. November 2020 bewegte Ella sich auf einem Baum als eine SEK-Einheit sie teils ohne Beachtung der Sicherung an den Füßen vom Baum ziehen wollte. Staatsanwaltschaft und Amtsgericht bewerteten eine Bewegung Ellas als Tritt in Richtung der Polizeibeamten. Obwohl die lückenlosen Videoaufnahmen keine Berührung eines Polizisten zeigen, glaubte das Amtsgericht auch einem Beamten, der von Ellas Knie getroffen worden sein will. Trotz dieser und anderer widersprüchlicher Aussagen der teils ohne Namen und komplett vermummt vor Gericht auftretenden Beamten und entlastenden Videomaterials folgte das Amtsgericht Alsfeld weitgehend der Anklage, die drei Jahre Haft gefordert hatte. Ella wurde noch am gleichen Tag festgenommen und ist seitdem in der JVA Frankfurt inhaftiert.
Liebe Genoss*innen,
vom 23.12. - 07.01 machen unsere Mitarbeiter*innen ihren verdienten Weihnachtsurlaub. Danach ist die Geschäftsstelle wie gewohnt erreichbar.
Wir wünschen allen Roten Helfer*innen schöne freie Tage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Auf ein gesundes & kämpferisches 2022 gegen staatliche Repression im Kampf für die Freiheit aller politischen Gefangenen!
Euer Bundesvorstand
Am 14. Dezember jährt sich der dritte Todestag von Michael Panser, der Mitglied der Roten Hilfe e.V. war. Er hat als Internationalist in den Reihen der kurdischen Befreiungsbewegung gekämpft und wurde im Rahmen eines breit angelegten Angriffes der türkischen Armee im Winter 2018 durch einen Luftschlag ermordet. Sein Kampfname war Bager Nûjiyan / Xelîl Viyan.
Wir möchten an Michael erinnern, als einen Menschen, der sein ganzes Leben der Befreiung der Menschheit gewidmet hat und dabei keine Kompromisse einging.
Geboren und aufgewachsen ist er in Potsdam. Wie alle seine Genoss*innen war er als Antifaschist gegen die erstarkende Rechte aktiv. Er reiste mit Freund*innen nach Lateinamerika auf den Spuren revolutionärer Geschichte und blieb dort eine Zeit lang.
Am 9. Dezember 2021 ist der 40. Haftjahrestag des linken Journalisten und Black-Panther-Aktivisten Mumia Abu-Jamal. Obwohl der Prozess gegen ihn offen rechtswidrig verlief, wehren Justiz und Behörden ein Wiederaufnahmeverfahren bis heute mit allen Mitteln ab.
Seit vier Jahrzehnten sitzt Mumia Abu-Jamal in den USA im Gefängnis, davon 29 Jahre lang im Todestrakt und nun im so genannten Normalvollzug: Am Rand eines Schusswechsels war er am 9. Dezember 1981 von einem Polizisten in Philadelphia lebensgefährlich verletzt und daraufhin verhaftet worden mit dem Vorwurf, eben diesen Polizisten erschossen zu haben. Zugleich entbrannte eine bis heute anhaltende Hetzkampagne gegen den Journalisten, die insbesondere von der rechten Polizeigewerkschaft FOP angefacht wurde. Mit Hilfe von manipulierten Beweisen, gekauften Zeug*innen und offensichtlichen Verstößen gegen die Verfahrensabläufe wurde Mumia Abu-Jamal im Juli 1982 in einem unübersehbar rassistischen und politisch motivierten Prozess zum Tode verurteilt. Für den Black-Panther-Aktivisten, der sich keine anwaltliche Vertretung leisten konnte, gab es kaum eine Möglichkeit zur Verteidigung. Der Richter hatte intern bereits frühzeitig unter Verwendung rassistischer Schimpfwörter geäußert, auf alle Fälle die Todesstrafe zu verhängen. Auf diese Weise wollten die Behörden einen unbequemen Journalisten loswerden, der seit Jahren den staatlichen Rassismus und die Polizeigewalt gegen People of Colour anprangerte.
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Bundeswehr.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Wir dokumentieren hier den Aufruf des Unterstützungskreises Grupo Internacional. Als Rote Hilfe e.V. OG Magdeburg erklären wir uns solidarisch mit der von Repression betroffenen Genossin und werden diese selbstverständlich unterstützen.
Solidaritätserklärung mit der Internationalistin María und gegen ihre Zwangsausreise und Aufenthaltsverbot in Deutschland
Im Oktober 2021 wurde unserer spanischen Genossin und Freundin María von drei Zivilbeamt:innen der Polizeiinspektion Halle ein Bescheid der Ausländerbehörde Magdeburg ausgehändigt. Laut diesem Schreiben wird sie aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen das Land zu verlassen. Sie habe ihr Freizügigkeitsrecht als EU-Bürgerin verwirkt. Zusätzlich wird ihr in dem Bescheid ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für 20 Jahre ausgesprochen. Begründet wird diese Maßnahme damit, dass María eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstelle.
Des Weiteren wird sie beschuldigt, sich ohnehin schon zu lange in der BRD aufzuhalten. Es sei nicht zu erkennen, dass sie einer versicherungspflichtigen Arbeit nachgehe, wie sie sich finanziere, dass sie sich aufgrund familiärer Bindungen in Deutschland aufhalte oder über einen festen Wohnsitz in Deutschland verfüge.
Seit einem Jahr sitzt „Ella“ in der JVA Preungesheim ein. Als Teil der Klimabewegung hatte sie gegen die Rodung des Dannenröder Waldes protestiert, der in Mittelhessen mitten in der Klimakrise einer Autobahn weichen sollte. Mit einem Großaufgebot der Polizei und unter Gefährdung von Menschenleben wurden wochenlang Aktivist*innen rund um die in den Wipfeln errichteten Baumdörfer festgenommen. Auch Ella wurde am 26. November 2020 in 15 Metern Höhe, teils ohne Beachtung ihrer Sicherung, brutal von einer SEK-Einheit vom Baum geholt und in Untersuchungshaft genommen.
In erster Instanz vor dem Amtsgericht Alsfeld wurde sie Ende Juni 2021 wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Polizeikräfte zu 27 Monaten Haft verurteilt. Ihr wurde vorgeworfen, sich gegen das Herabziehen an ihren Beinen von dem Baum gewehrt zu haben. Während des Verfahrens traten mehrere Polizeibeamte ohne Namen und komplett vermummt zu ihren Zeugenaussagen auf. Trotz ihrer darüber hinaus widersprüchlichen Aussagen und entlastenden Videomaterials folgte das Amtsgericht Alsfeld weitgehend der Anklage, die drei Jahre Haft gefordert hatte. Mitte Januar soll vor dem Landgericht Gießen die Berufungsverhandlung stattfinden.