Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Aktion und Kunst im öffentlichen Raum.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Ehrenwerte Verbotsverantwortliche
Wir befinden uns im 28. Jahr des PKK-Betätigungsverbots, das im November 1993 von der CDU/CSU/FDP-Regierung unter Helmut Kohl durch deren Innenminister Manfred Kanther (CDU) verfügt worden war. Dieses Verbot wurde von einem Kanzler verantwortet, der Spenden an die CDU in Höhe von rund 2 Millionen DM rechtswidrig nicht – wie im Parteiengesetz vorgeschrieben - angegeben und sich strikt geweigert hat, die Namen der Spender zu nennen. Und von einem law-and-order-Minister, der gegen das Parteispendengesetz verstoßen hat, weil er 1983 als CDU-Generalsekretär Hessens illegale Spenden über 20,8 Millionen DM heimlich in die Schweiz und nach Liechtenstein geschafft hat. Der sein Bundestagsmandat niederlegen musste und im September 2007 vom Landgericht Wiesbaden wegen Untreue zu einer Geldstrafe von insgesamt 54 000 Euro verurteilt wurde.
Innenminister mit Kriminalisierungshintergrund
In der Folgezeit sind die Innenminister aller Bundesregierungen gegen die kurdische Befreiungsbewegung und politisch aktive Kurdinnen und Kurden vorgegangen, um die ständigen Vorwürfe des NATO-Partners Türkei zu entkräften, nicht konsequent genug die PKK zu bekämpfen. Hierbei hatte die Politik insbesondere die kurdischen Medien immer wieder im Visier, um die Verbreitung von Informationen aus den kurdischen Gebieten sowie Berichte über Aktivitäten der Befreiungsbewegung zu verhindern. Hervorgetan haben sich diesbezüglich die Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Otto Schily (SPD). Deren Angriffe richteten sich u.a. gegen Zeitungsprojekte wie „(Yeni) Özgür Politika“, die Nachrichtenagentur MHA, den Presseverlag E. Xani und kurdische Fernsehsender wie ROJ-TV.
Liebe Genoss*innen,
Liebe Aktivist*innen,
heute hat sich die Polizei nicht getraut, unsere Demonstration zu stoppen. Wir stehen mit vielen Menschen vor dem Landtag und fordern, den Gesetzesentwurf zurück zunehmen, das ist unser politischer Erfolg heute.
Wir sind die Rote Hilfe e.V., der bundesweite strömungsübergreifende Solidaritäts- und Schutzverein für alle Linken. Wir vermitteln solidarische Anwält*innen, können entstandene Kosten auffangen und dafür sorgen, dass niemand durch Repression aufgrund des politischen Engagements ruiniert wird.
Dass wir heute mit Vielen auf der Straße waren ist wichtig. Durch unsere tägliche Soli-Arbeit wissen wir ganz genau, wie die Behörden arbeiten. Und dieses Gesetz würde eine massive Beschneidung unserer Versammlungsfreiheit, unserer politischen Grundrechte bedeuten.
Deswegen müssen wir diesen Gesetzentwurf kippen, wir haben gar keine andere Wahl!
In den letzten Jahren hat die staatliche Verfolgungspolitik gegen Antifaschist*innen immer neue Rekorde aufgestellt und immer absurdere Konstruktionen bemüht, um engagierte Aktivist*innen zu kriminalisieren und oftmals auch zu inhaftieren. Am 8. September 2021 beginnt vor dem Oberlandesgericht Dresden der Prozess gegen die Leipzigerin Lina, die bereits seit Anfang November 2020 in Untersuchungshaft sitzt, sowie gegen drei weitere Genossen. Vorgeworfen werden ihnen körperliche Auseinandersetzungen mit Faschisten, die vom Staat zu Aktivitäten einer „kriminellen Vereinigung“ stilisiert werden. Zusätzlich zur bereits laufenden Kampagne der Roten Hilfe e. V. „Wir sind alle Antifa – Wir sind alle LinX“, die laufende Verfahren und staatliche Repressionsangriffe gegen Antifas zusammenfasst, hat sich nun das Solidaritätsbündnis Antifa Ost gegründet. Mit der Homepage soli-antifa-ost.org und Demonstrationen rund um den Prozessauftakt zeigt sie den Angeklagten, dass sie nicht allein sind.
Tatsächlich stellt das Verfahren gegen Lina und ihre Mitangeklagten einen neuen Höhepunkt des wahnwitzigen staatlichen Kriminalisierungseifers dar, der vor Skandalen nur so strotzt: Schon die Konstruktion einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 gegen die Antifaschist*innen ist in erster Linie ein Hinweis auf die von Linkenhass geprägte Denkart der Polizeibehörde – schließlich hat sich die beim LKA Sachsen angesiedelte „SoKo Linx“ in den vergangenen Jahren schon mehrfach mit Ermittlungen nach § 129 blamiert, die für viel Medienrummel sorgten, aber ohne Verurteilungen endeten. Für jeweils Dutzende oder Hunderte betroffene linke Aktivist*innen bedeuteten diese Strukturermittlungen jahrelange Überwachung, Hausdurchsuchungen und weitere Repressalien bis hin zu Untersuchungshaft.
In Bayern wurde der Asylantrag der beiden kurdisch-alevitischen Aktivist*innen Anıl Kaya und Sinem Mut abgelehnt und beiden die Abschiebung in die Türkei angedroht - obwohl sie dort eine über sechsjährige Haftstrafe und weitere Verfolgungen erwarten. Dass sich die beiden Wissenschaftler*innen in der Türkei politisch betätigt haben, wird ihnen von den bundesdeutschen Behörden zum Vorwurf gemacht und das groteske „Terrorverfahren“ der türkischen Unrechtsjustiz anerkannt.
Der Kunsthistoriker Anıl Kaya und die im Bereich Gesundheitsmanagement promovierende Sinem Mut waren in Ankara in der „Föderation für Demokratische Rechte“ aktiv und beteiligten sich an Demonstrationen etwa zum 8. März und 1. Mai oder an Veranstaltungen, die gegen Folter und extralegale Tötungen in der Türkei protestierten. Ende 2012 wurden sie gemeinsam mit anderen Akademiker*innen verhaftet; Sinem Mut war zwei Monate im berüchtigten F-Typ-Frauengefängnis Sincan in Untersuchungshaft und wurde dort gefoltert. Angeklagt wurden sie wegen „Terrorismus“ - der Standardvorwurf gegen Andersdenkende aller Richtungen in der zunehmend faschistischen Türkei. Als „Beweise“ gegen Anıl Kaya und Sinem Mut dienten ein bei der Hausdurchsuchung 2012 gefundenes Buch des Kommunisten İbrahim Kaypakkaya und ein angeblich ebenfalls in ihrer Wohnung entdeckter Ausweis der Maoistischen Kommunistischen Partei.
Seit nunmehr drei Jahren steht der Refugee-Aktivist Alassa Mfouapon im Visier der staatlichen Repressionsorgane, weil er mutig für die Rechte von Refugees und gegen Rassismus eintritt und dabei viele Erfolge errungen hat. Gegen dieses unbequeme Engagement gehen die Behörden mit allen Mitteln vor: Nun sieht sich der Antirassist erneut von Ausweisung bedroht.
An:
Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité Berlin
Prof. Dr. Axel Radlach Pries, MD, Dekan der Charité Berlin
Prof. Dr. Thomas Beddies, Stellvertretender Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, GeDenkOrt.Charité
Dilek Kalayci, Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung
Sehr geehrte Damen und Herren,
kürzlich haben das renommierte Wissenschaftsjournal Nature
sowie weitere Fachpublikationen über einen ethisch höchst fragwürdigen Umgang mit Daten von Angehörigen diskriminierter Minderheiten wie den Uigur*innen und Rom*nja durch die Gendatenbank YHRD
(Chromosom-Haplotyp-Referenzdatenbank) berichtet. Die Vorwürfe betreffen die Nutzung und die Veröffentlichung der Daten ohne eine informierte Einwilligung der Betroffenen – entgegen allen etablierten ethischen Standards in Medizin und Wissenschaft.
Wir fordern die Verantwortlichen in der Charité Berlin, in der die YHRD angesiedelt ist, auf, für diesen Missstand die Verantwortung zu übernehmen und die YHRD einer gründlichen unabhängigen Untersuchung und Neustrukturierung zu unterziehen.
Die YHRD wurde im rechtsmedizinischen DNA-Labor der Charité entwickelt und wird seitdem dort gepflegt. Sie enthält inzwischen Daten von rund 337.450 Personen, die fast 1.400 „Populationen“ zugeordnet sind. Die Datenbank ist frei zugänglich und wird international von Strafverfolgungsbehörden genutzt. Sie dient dazu, die Verbreitung von genetischen Markern auf dem Y-Chromosom in bestimmten Bevölkerungsgruppen abzuschätzen. So können Aussagen über die Verlässlichkeit von Übereinstimmungen zwischen einem DNA-Profil und einer Tatortspur gemacht werden. Mit ihr kann aber auch eine „bio-geografische Abstammung“, also die mögliche geografische Herkunft der Vorfahren einer Person bestimmt werden. Dieses Verfahren ist in Deutschland in Strafermittlungen zwar verboten, wie die Befragung von Forensiker*innen gezeigt hat, wird es z.T. jedoch dennoch angewandt
Die Zahl der politischen Gefangenen in der Bundesrepublik steigt kontinuierlich an, und es scheint immer mehr zur Normalität zu werden, dass linke Aktivist*innen hinter Gittern landen.
Tatsächlich setzen die staatlichen Repressionsorgane in letzter Zeit wieder vermehrt auf Verhaftungen und Gefängnisstrafen in der Hoffnung, linke Bewegungen einzuschüchtern. Erst am 19. Juli 2021 hatte der Stuttgarter Findus, der wegen seines Engagements gegen rechte Umtriebe zu zweieinhalb Jahren verurteilt worden war, seinen Haftantritt. Am 15. September muss der Nürnberger Aktivist Jan ins Gefängnis. Mit der Ablehnung der Revision wurde jetzt das skandalöse „Jamnitzer Platz“-Urteil von Februar 2021 rechtskräftig: Obwohl Jan am besagten Tag gar nicht vor Ort war, hatte ihn das Landgericht Nürnberg wegen Beteiligung an spontanen Protesten gegen Gentrifizierung und Repression zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt – wegen Anschreiens der Polizei.
Zusätzlich sind mit den beiden Antifaschist*innen Dy und Lina sowie der Klimaaktivistin Ella drei bekannte Genoss*innen seit November 2020 – also seit nunmehr neun Monaten – in Haft.
Während dem Stuttgarter Dy die Beteiligung an einer körperlichen Auseinandersetzung mit Mitgliedern der faschistischen Schein-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ vorgeworfen wird und er im aktuell laufenden „Wasen-Prozess“ angeklagt ist, wird gegen die Leipzigerin Lina und viele andere Aktivist*innen nach § 129 („kriminelle Vereinigung“) ermittelt. Mit diesem Gummiparagrafen, der einmal mehr zur flächendeckenden Kriminalisierung und Durchleuchtung antifaschistischer Strukturen aufgefahren wird, will der Staat das entschiedene Eintreten gegen Nazistrukturen unterbinden und schreckt dabei auch nicht vor langer Untersuchungshaft zurück. Der Prozess gegen Lina soll am 8. September beginnen.
Am 22. Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Bundeswahlausschusses, der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) den Parteienstatus zu entziehen, in vollem Umfang aufgehobenDamit. weist das Gericht den Angriff auf die DKP entschieden zurück, der nicht nur die Teilnahme an der Bundestagswahl im September verunmöglichen, sondern eine oppositionelle Organisation ihrer Existenz berauben sollte.
In seiner Sitzung am 8. Juli 2021 hatte der Bundeswahlausschuss seine Entscheidung damit begründet, dass die DKP ihre jährlichen Rechenschaftsberichte verspätet abgegeben und damit den Parteienstatus verwirkt habe. Diese skandalöse Maßnahme war sofort auf breite und entschiedene Proteste gestoßen. Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Organisationen und Einzelpersonen hatte auch die Rote Hilfe e.V. in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen diese Maßnahme protestiert.
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: USA.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Der seit April laufende Prozess gegen die beiden Antifaschisten Jo und Dy steht unmittelbar vor dem Ende: Bereits am 19. Juli werden vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht die Plädoyers vorgetragen, und für den 22. Juli 2021 wird die Urteilsverkündung erwartet.
Den beiden Stuttgarter Aktivisten wird vorgeworfen, am 16. Mai 2020 am Rande eines rechten „Querdenken“-Aufmarschs in eine körperliche Auseinandersetzung mit führenden Mitgliedern der faschistischen Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ verwickelt gewesen zu sein. Indem sie den Vorwurf des versuchten Totschlags erhoben, benutzten die staatlichen Behörden den Vorfall im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt als Anlass, um antifaschistische Strukturen in Baden-Württemberg mit einer gewaltigen Repressionswelle zu überziehen, die sich vor allem auf die Landeshauptstadt konzentrierte. Unter Federführung der eigens gegründeten Ermittlungsgruppe „Arena“ kam es ab Sommer 2020 zu zahlreichen Hausdurchsuchungen, zahlreichen Überwachungsmaßnahmen und zwei Verhaftungen: Bereits im Rahmen einer Großrazzia am 2. Juli 2020 wurde Jo in Untersuchungshaft genommen und kam erst Mitte Januar 2021 frei; am 4. November 2020 wurde Dy verhaftet, der bis heute in Stuttgart-Stammheim festgehalten wird. Am 19. April 2021 wurde der so genannte Wasen-Prozess gegen die beiden Stuttgarter Antifaschisten eröffnet.