Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Repression gegen migrantische Aktivist_innen.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Pressemitteilung #6 vom 02.07.2017
Nachdem das geplante antikapitalistische Protestcamp im Stadtpark von den Behörden juristisch verhindert wurde, sollte das Camp nun im Elbpark Entenwerder im Stadtteil Rothenburgsort aufgebaut werden. Der Aufbau des Camps einschließlich Schlafzelten an diesem Ort war am späten Abend des 1. Juli vom Verwaltungsgericht Hamburg ausdrücklich zugestanden worden. Am 2. Juli um 12 Uhr sollte dementsprechend mit dem Aufbau der Camp-Infrastruktur begonnen werden. Das Gericht ging davon aus, dass sich die Polizei als Antragsgegnerin an die juristischen Vorgaben bezüglich des Camps halten würde und schrieb „Soweit der Antragsteller ausgeführt hat, dass die Antragsgegnerin (auch ohne entsprechende Verfügung) den Aufbau des Camps mittels unmittelbaren Zwangs verhindern werde, ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin in Ansehung des hiesigen Beschlusses dennoch faktische Verhindungsmaßnahmen ergreifen wird, solange dieser nicht durch einen entsprechenden Beschluss in einem etwaigen Beschwerdeverfahren aufgehoben ist.“ Doch genau diese „faktischen Verhinderungsmaßnahmen“ hat die Polizei im Elbpark Entenwerder ergriffen und damit Rechtsbruch begangen.
In Rostock sind am Abend des 1. Juli die Wohnungen von zwei Genossen durchsucht worden. Die Hausdurchsuchungen wurden nach jetzigen Kenntnisstand zur „Gefahrenabwehr“ und auf Anordnung der Amtsgerichte Hamburg und Rostock durchgeführt. Stand 2. Juli 12 Uhr befindet sich einer der Betroffenen noch in Gewahrsam.Bei der Durchsuchung mitgenommen wurden wie üblich unter anderem Speichermedien, Computer, die Privathandys und Kleidung. Bei einem Betroffenen wurden zusätzlich Gegenstände beschlagnahmt, die aus Sicht der Polizei die Annahme rechtfertigen, der Betroffene habe Straftaten im Rahmen der G20-Proteste geplant. Diese Person befindet sich noch in Gewahrsam und es ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, wie die Sache weitergehen wird.In den Tagen vor den Durchsuchungen hat es Observationen gegeben. Haltet die Augen offen!
Am Morgen des 29. Juni kam es in Hamburg zu mehreren Hausdurchsuchungen in den Wohnräumen linker Aktivist*innen. Betroffen waren ebenfalls die Räumlichkeiten des Vereins Klassenkultur e.V.
Hierbei bedienten sich Beamt*innen des Sondereinsatzkommandos martialischer Ausrüstung. Nach Angaben des Bündnisses „G20 entern“ wurden in zwei Privatwohnungen sämtliche Türen eingetreten und die betroffenen Personen mit gezogenen Maschienpistolen aus dem Bett gerissen. In den Vereinsräumlichkeiten wurden mit schwerem Gerät fünf Stahltüren aufgebrochen. Den Genoss*innen wird vorgeworfen, der Tageszeitung (TAZ) im Dezember vergangenen Jahres ein Interview im Namen der Gruppe „Roter Aufbau Hamburg“ gegeben zu haben, dass sich inhaltlich mit den kommenden Protesten gegen den G20-Gipfel in der Hansestadt befasste.
Erneute Durchsetzung kapitalistischer Einzelinteressen mit staatlicher Unterstützung
Am 29.06.2017 wurde der Kiezladen Friedel54 in Berlin Neukölln durch die Berliner Polizei geräumt und dem Gerichtsvollzieher übergeben. Dieser Akt der sogenannten Amtshilfe erfolgte unter Einsatz von Reizgas und massiver Polizeigewalt. Beteiligt waren auch Beamt*innen der gerade wegen exzessiven Fehlverhaltens vom Einsatz gegen G20 in Hamburg zurückgesandten Einsatzhundertschaften.
Bereits in der Nacht hatten sich zahlreiche Aktivist*innen vor dem Szenetreff versammelt, um die Genoss*innen vor Ort zu unterstützen und Widerstand gegen die Zwangsräumung zu leisten. Zu Beginn des Polizeieinsatzes waren 500 Gegendemonstrant*innen vor Ort, die teilweise den Eingang des Kiezladens durch eine Sitzblockade zu schützen versuchten. Bereits im Vorfeld der Auflösung dieser drohte die Polizei Gewalt an. „Wehrt euch nicht, sonst wird es weh tun“, lauteten die Durchsagen. Davon ließen sich die anwesenden Aktivist*innen jedoch nicht beeindrucken, sodass es zur gewaltsamen Räumung der Blockade kam. Mittels Kettensägen verschaffte sich die Polizei Zutritt zu dem verbarrikadierten Gebäude, entfernte die in den Räumen verbliebenen Personen und übergab das Objekt schließlich dem Gerichtsvollzieher. Insgesamt wurden 12 Aktivist*innen festgenommen.
Das vollständige Verbot des antikapitalistischen Protestcamps im Stadtpark durch die Stadt Hamburg wurde vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen. Ein anschließendes Kooperationsgespräch des Protestcamps mit der Versammlungsbehörde ist gescheitert, da die Stadt trotz des Gerichtsentscheids auf einem Verbot des Camps besteht. Doch die Hamburger Stadtverwaltung geht nicht nur mit einer Allgemeinverfügung gerichtlich gegen das Camp vor: Sie übt unter Zuhilfenahme der Polizei auch starken Druck auf mögliche alternative Unterbringungsmöglichkeiten aus. Mehrere Vereine und Genossenschaften wurden von den Behörden angewiesen, keine Schlafplätze für Gipfelgegner*innen zur Verfügung zu stellen.
Wir dokumentieren eine Erklärung der FreundInnen des Baskenlandes - EHL:
Gestern verliess Tomas Elgorriaga Kunze das französische Gefängnis in Fleury als freier Mann.
Vor fast 3 Jahren, am 31. Oktober 2014, war der Soziologe, der unter dem Namen José Gabriel Jimenez in Freiburg, lebte, arbeitete und forschte, mit Hilfe spanischer Behörden in Mannheim verhaftet worden. Nach über einem Jahr in der Mannheimer JVA wurde Tomas am 16. November 2015 unter fraglichen Umständen an den Staat Frankreich überstellt. Dort war er in Abwesenheit zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.Die Solidarität mit dem baskischen Flüchtling war insbesondere in Freiburg, aber auch darüber hinaus, groß und viele freuen sich auf seine baldige Rückkehr.
Pünktlich zum G20-Gipfel ist eine völlig neu überarbeitete Ausgabe der Roten Hilfe Rechtshilfe-Broschüre "Was tun wenn's brennt?!" erschienen, welche nun beim Literaturvertrieb bestellt werden kann.
Ebenfalls neu erschienen ist ein Infoflyer, der sich mit der Erkennungsdienstlichen (ED) Behandlung und DNA-Entnahme durch die Polizei auseinandersetzt.
Und um die Solidarität auch am Körper zu tragen und zu zeigen, gibt es neue T-Shirts mit dem von unseren Postern bekannten Motiv "Because We Are Your Friends", erhältlich in schwarz und burgund mit weißem Aufdruck in den Größen XS bis XXL.
Laut Bericht der Frankfurter Zeitung vom 19.06.2017 legte die Göttinger Polizei jahrelang Akten über Göttinger Aktivist*innen an, ohne dass es ein Ermittlungsverfahren gegeben hätte. Betroffen seien neben linken außerparlamentarischen Gruppen auch Mitglieder der Jugendorganisationen politischer Parteien.Die Anschuldigungen gegen die Behörde erhebt ein ehemaliger Staatsschutzmitarbeiter, der vor zwei Jahren pensioniert wurde. Wer nach Ansicht der lokalen Staatsschutzabteilung als politisch links galt, sei nach seiner Aussage in den Akten gelandet. Neben beim Einwohnermeldeamt registrierten Daten hätten die Zuständigen auch Fotos gesammelt und sämtliche verfügbare Informationen wie Arbeitsplatz, Facebook-Profile, Teilnahme an Veranstaltungen und vermuteten Zugehörigkeiten zu politischen Gruppierungen notiert.
Die Polizei in Hamburg hat für den G20-Gipfel für den siebten und achten Juli ein Demonstrationsverbot für eine Fläche von über 30 Quadratkilometern erlassen, die sich über die gesamte Innenstadt erstreckt.
Von der Allgemeinverfügung betroffen ist die Route zwischen Flughafen und Innenstadt sowie die Stadtteile rund um die Messe und die Außenalster, wie Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer erklärten. Auch rund um die Elbphilharmonie und die Speicherstadt soll das Demonstrationsverbot zeitweise gelten, da die Gipfelteilnehmer*innen dort ein Konzert besuchen werden.
Ebenfalls betroffen sind die Camps der Aktivist*innen, die in der geplanten Form nicht stattfinden könnten, sollte das Verbot Gültigkeit haben.
Repressionswelle gegen Journalist*innen und Menschenrechtler*innen in der Türkei setzt sich fort
Die bereits seit dem 30. April in Haft befindliche linke Journalistin Mesale Tolu bleibt wieder inhaftiert.
Die 32jährige war nachts in ihrer Wohnung von Spezialeinheiten der Antiterrorabteilung der Istanbuler Polizei mit Sturmgewehren im Anschlag in ein Untersuchungsgefängnis verschleppt und Tage später in ein Frauengefängnis überstellt worden.
Mesale Tolu stammt aus dem baden-württembergischen Ulm und war mit ihrem Ehemann Suat Corlu und ihrem gemeinsamen Sohn 2014 in die Türkei gezogen, um für den zwischenzeitig verbotenen regionalen Radiosender „Özgür Radyo“ (Freies Radio) und die Nachrichtenagentur „Etkin Haber Ajansı (ETHA)“ zu arbeiten. Ihre kritische Berichterstattung und ihr Engagement in Deutschland für die linke Migrant*innenvereinigung AGIF dürften der Grund für ihre Inhaftierung sein.